Aus Trinkwasser wird Betriebswasser
Sobald Wasser aus der Trinkwasserinstallation in ein Medizinprodukt wie z.B. eine HNO-Behandlungseinheit gespeist wird, handelt es sich um sogenanntes Betriebswasser. Tritt dieses Wasser wieder aus dem Gerät aus und bestimmungsgemäß mit der Schleimhaut von Patienten in Kontakt, gelten dafür in Deutschland mikrobiologische Qualitätsanforderungen, die sich an den Vorgaben der Trinkwasserverordnung orientieren und in Bezug auf bestimmte Parameter bzw. spezifische Patientengruppen teilweise auch darüber hinausgehen.
Rechtsrahmen
- Infektionsschutzgesetz (IfSG)
- Medizinprodukterecht (MDR)
- Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV)
Herstellerangaben berücksichtigen
HNO-Behandlungseinheiten verschiedener Hersteller können sich in ihrem Aufbau deutlich unterscheiden. Für Fragen, vor allem die routinemäßige Reinigung der wasserführenden Teile der Behandlungseinheit betreffend, müssen immer auch die Herstellerangaben berücksichtigt werden.
An Untersuchungseinheiten in HNO-Praxen werden seitens des Herstellers Anforderungen an die Reinigung und Desinfektion der Einheit beschrieben. Seitens des Betreibers ist sicherzustellen, dass die Aufbereitung der Einheit so stattfindet, dass eine Patientengefährdung ausgeschlossen werden kann.
Eine mikrobielle Belastung wasserführender Medizinprodukte wird durch die Aufsichtsbehörden kritisch bewertet
Begünstigt durch langsamen Wasserfluss, lange Standzeiten und Temperaturen um 38°C, kann sich in jedem wasserführenden System nach wenigen Wochen ein Biofilm bilden, der schnell zu einer erheblichen mikrobiellen Belastung (vor allem mit Pseudomonaden oder Acinetobacter) führen kann.
HNO-Behandlungseinheit und Ohrspülungen
Eine mikrobiologische Kontamination des Wassers in HNO-Behandlungseinheiten kann ein hygienisches Problem darstellen. Im Falle von Spülungen kann so eine potenzielle Infektionsgefahr vor allem für immunsupprimierte und multimorbide Patienten entstehen.
Wird in der Praxis in der Regel auf Ohrspülungen verzichtet, dann sollte auch nicht in Ausnahmefällen gespült werden, da bei weitgehender Nichtbenutzung der Spüleinheit die Kontamination der wasserführenden Systeme besonders hoch sein kann.
Physikalische Trennung zwischen der Trinkwasserinstallation und der wasserführenden Einheit
Mit Inkrafttreten der novellierten Trinkwasserverordnung (TrinkwV) am 1. Januar 2003 ergab sich für Betreiber wasserführender Medizinprodukte, die noch nicht den neuen Anforderungen entsprechen, Nachrüstbedarf. So besteht die Verpflichtung, eine „physikalische Trennung“ zwischen der Trinkwasserinstallation und dem Medizinprodukt einzubauen, welche die Forderungen der Wasserklasse 5 gemäß DIN EN 1717 erfüllt. Diese Forderung betrifft sowohl die Betreiber von Neugeräten als auch die Betreiber von älteren Geräten, zu denen die meisten HNO-Arbeitsplätze oder Behandlungsgeräte gehören. Die „physikalische Trennung“ verhindert den Rückfluss oder retrograde Verkeimung der Trinkwasserinstallation.
Alternativ kann nach Absprache mit dem Hersteller die Spüleinrichtung stillgelegt werden und – wenn notwendig – ein externes Wassersystem installiert werden. In diesem Fall ist keine Wassertrennungsanlage erforderlich, da wegen fehlender Verbindung zur Trinkwasserinstallation die Gefahr der Verkeimung des Netzes nicht besteht.
Untersuchungen der mikrobiologischen Wasserqualität
Da in den Behandlungseinheiten die Gefahr der Verkeimung mit pathogenen Erregern und der Biofilmbildung in den wasserführenden Systemen besteht, werden Untersuchungen nach den Vorgaben der Trinkwasserverordnung (TrinkWV) und dem Umweltbundesamt (Koloniezahl, Pseudomonas aeruginosa, Legionellen) dringend empfohlen.
Alternative: Keimfilter
Alternativ zu den Untersuchungen können auch keimdichte Filter bzw. endständige Einmalsterilfilter eingesetzt werden. Jedoch bedarf diese Maßnahme verschiedener technischer Lösungen; zum Beispiel gibt es Behandlungseinheiten, die für den Einsatz eines Filters technisch nachgerüstet werden können.
Sonderfragen HNO-Praxen
- Findet die Aufbereitung der Behandlungseinheit nach Herstellerangaben statt und ist diese beschrieben?
- Ist die Behandlungseinheit an die Trinkwasserinstallation angeschlossen?
- Werden jährliche Kontrollen der hygienisch-mikrobiologischen Qualität des Wassers aus der Behandlungseinheit durchgeführt?
- Werden sonstige Maßnahmen zur Qualitätssicherung durchgeführt ( z.B. keimdichte Filter bzw. endständige Einmalsterilfilter)
- Ist die Behandlungseinheit mit einer Rücklaufsicherung ausgestattet, um eine Kontamination der Trinkwasserinstallation zu vermeiden?