VERAH/ NäPa – ein Beispiel für die Übernahme medizinischer Leistungen durch qualifiziertes Hilfspersonal
Viele Menschen fürchten, dass die ärztliche Versorgung in Gefahr ist— besonders auf dem Land. Vor allem alleinlebende ältere Menschen machen sich Sorgen. Der Weg zum Arzt fällt ihnen immer schwerer. Was ist, wenn der Arzt vor Ort die Praxis schließt und sie in einen Nachbarort fahren müssen, um einen Arzt zu sehen? Mehr Hausbesuche wären das Richtige. Aber wer soll das leisten? Die Antwort heißt VERAH (Versorgungsassistent:in in der Hausarztpraxis) bzw. NäPa (nichtärztliche Praxisassistent:in). Fast 200 gibt es davon im Saarland[1]
Die Kassenärztliche Vereinigung Saarland fördert die Fortbildung Medizinischer Fachangestellten zu VERAH/NäPa. Für die Ausbildung einer VERAH/NäPa erhält die Praxis jeweils 1.800 Euro. Finanziert wird diese Maßnahme durch den Strukturfonds.
Insbesondere in den ländlicheren Regionen soll damit die medizinische Versorgung im hausärztlichen Bereich gesichert werden können. Qualifizieren können sich erfahrene Medizinische Fachangestellte. Versorgungsassistentinnen werden bereits in mehreren Bundesländern eingesetzt. Ihre Aufgabe ist es im Wesentlichen den Hausarzt auch bei hochqualifizierten Tätigkeiten zu entlasten. Das hilft zum Beispiel älteren Patienten, die, weil sie krank oder nicht mehr mobil sind, nicht in die Praxis kommen können und stattdessen einen Hausbesuch benötigen. Die VERAH® übernimmt zum Beispiel die Blutdruckkontrolle, Blutabnahmen oder die Kontrolle chronischer Wunden. Für die Patienten hat das den Vorteil, dass sie weiterhin von der vertrauten Praxis betreut werden.
Interview mit Verena Hartkorn – Medizinische Fachangestellte, VERAH und NäPA in Spiesen-Elversberg
MFA Verena Hartkorn ist seit 25 Jahren im Beruf. In der Hausarztpraxis Brenner in Spiesen-Elversberg ist sie seit 2018 tätig als MFA/VERAH/NäPa.
Warum haben Sie die Ausbildung zur VERAH gemacht?
Die Entscheidung, eine Weiterbildung zur VERAH (Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis) und anschließend zur NäPa (Nichtärztliche Praxisassistentin) zu machen, habe ich 2015 getroffen. Ich hatte schon in der Vergangenheit sehr viele Fortbildungen (Hygiene, Notfall, Wunden, Abrechung, etc.) gemacht, um immer auf dem neuesten Stand zu sein. Ich wollte aber zusätzlich aktiv die hausärztliche Tätigkeit unterstützen und entlasten und auch mehr Verantwortung übernehmen.
Wie wird man VERAH/NäPa und was sind die Voraussetzungen und wie läuft die Ausbildung ab?
Man muss eine abgeschlossene Berufsausbildung zur MFA (Medizinische Fachangestellte) oder Arzthelferin haben, ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis in einer hausärztlichen Praxis und mindestens 5 Jahre Berufserfahrung in der Hausarztpraxis. Die Ausbildung umfasst insgesamt 200 Unterrichtseinheiten (UE), von denen 106 UE in einem Präsenzkurs (8 Module) abgeleistet werden. 54 UE werden durch Kompetenzbescheinigungen, die der jeweilige Praxisinhaber unterschreibt, anerkannt. Zudem muss ein Praktikum von 40 UE absolviert werden. Anschließend zur VERAH Ausbildung, kann man in weiteren 40 UE die Qualifizierung der NäPa (Nichtärztliche Praxisassistentin) erwerben.
Welche Aufgaben übernehmen Sie als VERAH/NäPa?
Als VERAH/NäPa übernehme ich delegierte, arztentlastende Aufgaben und unterstütze dadurch die Sicherstellung einer umfassenden Patientenbetreuung, z. B. bei Hausbesuchen. D. h. ich führe das aus, was die Ärztin vorher angeordnet hat, beurteile eigenständig die individuelle Patientensituation, setze Behandlungspläne um, erstelle individuelle Versorgungspläne und bespreche dies im Anschluss mit der Ärztin. Ich fahre in regelmäßigen Intervallen zu Besuchen in Alten-Pflegeheimen und zu immobilen Patienten nach Hause. Zusätzlich unterstütze ich Angehörige durch soziale Beratung, überwache die Leistungen und Durchführung der häuslichen Krankenpflege, beurteile und versorge Wunden (Wundmanagement) in Absprache mit der Ärztin. Die Beratung und Nutzung von Hilfsmitteln und deren Technik spielt in der Häuslichkeit auch eine große Rolle. Zusätzlich bin ich die Schnittstelle zwischen Arzt, Patient, Apotheke, Pflegedienst und Sanitätshaus.
Wie läuft ein typischer Tag für Sie als VERAH/NäPa ab? Wie integrieren Sie Hausbesuche in Ihre Arbeitswoche?
Ich habe in der Woche feste und auch individuelle Hausbesuchszeiten. Ich erledige die meisten Hausbesuche gleich morgens, da meistens auch noch eine Blutentnahme mit dabei ist. Bevor ich zu den Hausbesuchen fahre, schaue ich im Terminkalender nach dem Anliegen der benötigten Besuche und um welche Patienten es sich handelt, packe mir die entsprechenden Utensilien zusammen und nehme mein NäPa – iPhone oder Ipad mit. Mit dem iPhone bin ich mit der Praxis und dem Praxisprogramm verbunden, habe praktisch immer die Patientenkartei dabei und kann z. B. in Krankenhausentlassungsberichten nachlesen. Ich kann damit auch direkt die Wunddokumentation übertragen und anschließend sofort Rücksprache mit der Ärztin halten. Ist eine Situation bei einem Patienten unklar und erfordert einen zusätzlichen Arztbesuch, halte ich Rücksprache und der Hausbesuch des Arztes erfolgt noch am gleichen Tag mit mir.
Wie wird Ihre Arbeit als VERAH/NäPa von den Patienten angenomen?
Am Anfang war es etwas schwierig, da die Patienten ja einen Arzt zum Hausbesuch erwarten. Mit sicherem Auftreten, Freundlichkeit, Kompetenz und immer einem lockeren Spruch auf den Lippen, bekam ich ganz schnell das Vertrauen der Patienten. Es macht mir sehr großen Spaß, die Patienten fachlich zu betreuen, und ich bin auch darauf sehr stolz, dass ich eine VERAH/NäPa bin.
Das größte Lob für mich ist eigentlich, wenn der Patient zu mir sagt:
Schön, dass sie da waren, sie dürfen auch gerne wiederkommen!
[1] 192 Medizinische Fachangestellte mit abgeschlossener VERAH/NäPa-Ausbildung im Saarland; 151 Praxen beschäftigen eine VERAH/NäPa – eigene Auswertung; Stand: 31.12.2021.
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