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Praxisinterview: Ohne MFA kann eine Praxis nicht funktionieren

In unregelmäßigen Abständen veröffentlichen wir Praxisbeispiele rund um den MFA-Beruf. In einigen Praxen durften wir bereits einen Blick hinter die Kulissen werfen und haben Praxisinhaber und MFA gefragt, warum MFA für die Praxis unerlässlich sind und was das Beste am MFA-Beruf ist.

Hier berichtet Dr. Sabine Bellmann, warum sie sich für die Weiterbildung im Bereich der Medizinischen Fachangestellten engagiert. Sie ist Hausärztin in Riegelsberg, seit 2006 niedergelassen und seit 2017 in Gemeinschaftspraxis mit ihrer Kollegin Frau Godel, die auch gleichzeitig Diabetologin ist. Die Praxis engagiert sich sowohl für ärztliche Weiterbildung, als auch die Aus- und Weiterbildung von Medizinischen Fachangestellten.

Zum Interview bereit erklärt haben sich auch Leonie und Anna Lena.

Leonie ist 22 Jahre alt, Saarländerin und hat 2023 ihr drittes Lehrjahr bei Frau Dr. Bellmann abgeschlossen. Sie wurde in der Praxis übernommen und ist glücklich dort zu arbeiten.

v.l. Leonie, Anna Lena, Dr. Sabine Bellmann (Foto: KVS)

Anna Lena ist 21 Jahre alt, kommt ebenfalls aus dem Saarland und Auszubildende im zweiten Lehrjahr. Im August kommt sie ins dritte Lehrjahr und wird 2025 im Sommer ihre Abschlussprüfung machen.

Frau Dr. Bellmann, warum engagieren Sie sich so für die Weiterbildung der Medizinischen Fachangestellten?

Dr. Sabine Bellmann: Seit Beginn meiner Tätigkeit als Ärztin ist mir die Aus- und Weiterbildung von jungen Menschen sehr wichtig, d.h. von Kolleginnen und Kollegen, Studentinnen und Studenten und MFA sowie Krankenpflegekräften. Seit einiger Zeit bin ich die Vorsitzende des Prüfungsausschusses MFA der Ärztekammes des Saarlandes. Neben meiner Tätigkeit als Prüferin konnte ich gemeinsam mit dem Referat MFA einige positive Entwicklungen in der Ausbildung der MFA auf den Weg bringen.  

Ich weiß aus eigener Erfahrung und natürlich auch aus der Presse, dass es immer schwieriger wird, junge Menschen für den Beruf der MFA zu begeistern und zu gewinnen. Ebenso schwierig ist es junge Kolleginnen und Kollegen für die ambulante Versorgung als Hausarzt zu begeistern.

Daher ist es sehr wichtig, dass wir uns alle in der Ausbildung engagieren. Wenn man mit Liebe zu seinem Beruf dabei ist und sein Wissen gerne weitergibt, macht die Aus- und Weiterbildung sehr viel Freude.

Leonie & Anna Lena

v.l. Anna Lena & Leonie (Foto: KVS)

Wie seid ihr zum Beruf der MFA gekommen:

Leonie: Den Job der MFA habe ich ausgewählt, weil ich gerne mit Menschen arbeite, ein großes Interesse an der Medizin habe und mir das anschauen wollte: den Menschen, den Körper, die Funktionen. Ich fand das für mich passend, weil ich von allem etwas lernen kann.

Anna Lena: Ich habe den Beruf auch aus Interesse an der Medizin ausgewählt.

Entspricht der Arbeitsalltag euren Vorstellungen?

Leonie: Das ist durchwachsen. Es gibt Tage, da läuft alles, da gibt es gar keine Probleme. An anderen Tagen muss man auch mal über seine Verantwortung hinauswachsen, um für die Patienten angemessen da zu sein. Aber ja, es entspricht meinen Vorstellungen und ich komme jeden Tag sehr gerne auf die Arbeit, weil man manchmal auch eben nicht weiß, was einen erwartet.

Ich kann die Ausbildung wirklich empfehlen, weil man wirklich viel über Medizin lernt. Wenn man in dem Beruf bleibt, natürlich noch mehr, auch im Umgang mit den Patienten. Es gibt als MFA auch viele Weiterbildungsmöglichkeiten, die man nutzen kann und dann hat man gute Chancen in dem Beruf.

Anna Lena: Den Praxisalltag erlebe ich sehr vielseitig und unterschiedlich. Es gibt natürlich Tage, die sehr stressig sind, dafür gibt es aber auch wieder Tage, die etwas entspannter sind. Jeden Tag kommen andere Patienten mit anderen Anliegen, anderen Problemen. Es ist eine Herausforderung, weil jeder Tag anders ist.

Leonie, hast du schon irgendwelche Weiterbildungen gemacht?

Ich habe ja letztes Jahr erst ausgelernt, habe aber schon meine Impfassistentin gemacht, damit ich Patienten selbstständig impfen kann. Dort habe ich auch das Wissen über die verschiedenen Impfstoffe erlernt.

Was macht ihr in der Praxis am liebsten:

Leonie: Was ich in der Praxis am liebsten mache, sind tatsächlich die Sachen am Patienten, sei es Laborentnahme oder EKG schreiben, das Interagieren mit den Patienten. Um es mal so zu sagen, ich mag das „durch die Praxis wirbeln“.

Anna Lena: Ich mag auch am liebsten die Arbeit am Patienten selbst. Das beginnt schon an der Anmeldung, wenn der Patient zeigt, dass es ihm nicht gut geht, dass man dann erste Ansprechpartnerin ist.

KV-Redakteurin Anna Scholtes beim Video-Dreh mit Leonie und Anna Lena (Fotos: KVS)

Frau Dr. Bellmann: Welche Möglichkeiten haben MFA, sich weiterzuentwickeln?

Dr. Sabine Bellmann: Mir macht es sehr viel Freude, mit meinen Mitarbeiterinnen zusammenzuarbeiten, ihnen auch in der Ausbildung weiterzuhelfen. Wenn man den Beruf der MFA sieht, dann hat man sehr viele Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln. Man kann zum Beispiel die NäPa-Ausbildung machen, eine Fachwirt-Ausbildung anstreben oder ein Studium als Physician Consultant ins Auge fassen. Auch die HTW bietet interessante Möglichkeiten ab.

Wie wichtig sind die MFA für die Praxis?

Dr. Sabine Bellmann: Ohne MFA ist keine Praxis überhaupt möglich, da wir als Ärzte ja gar nicht alle diese Aufgaben wahrnehmen können, wie die Anmeldung, die Verwaltungstätigkeiten und die notwendigen Untersuchungen. Das können wir alleine gar nicht leisten. Patienten behandeln und dann noch das ganze organisatorische Management bewältigen, wäre ohne MFA gar nicht möglich.

Trotzdem gibt es Ihrer Meinung nach Verbesserungsbedarf?

Dr. Sabine Bellmann: Wünschenswert wäre auf jeden Fall weniger Bürokratie.  

Ganz wichtig wäre es, wenn die Politik die gestiegenen allgemeinen Kosten in der Praxis und die gerechtfertigt gestiegenen Gehälter der MFA endlich gegenfinanzieren würde.

Dann sollte nach meiner Meinung auch der Hausarzt der erste Ansprechpartner für den Patienten bleiben – so wie es momentan auch ist – und nicht, dass der Hausarztsektor an Kliniken verlagert wird und der Patient dann anonym mit ihm unbekannten Ärzten zu tun hat. Das ist nach meiner Meinung für die Versorgung nicht vorteilhaft, da insbesondere das über Jahre gewachsene Vertrauen zwischen Arzt und Patient ein wichtiger Grundpfeiler der hausärztlichen Versorgung ist.

Anregen möchte ich auf jeden Fall, dass sich die Ausbildung in den Haus- und Facharztpraxen verbessert. Dass mehr Haus- und Fachärzte ausbilden und sich die Qualität der Ausbildung in den nächsten Jahren verbessert. Die MFA soll nicht als eine günstige Arbeitskraft eingestuft werden, sondern es wäre sehr wichtig, dass man sich in den Praxen wirklich um die Aus- und Weiterbildung der MFA kümmert. Hierbei ist eine entsprechende Anpassung des Qualitätsmanagements und die Inanspruchnahme der bestehenden Weiterbildungsangebote der Ärztekammer im Resort MFA hilfreich.  Das wäre einer meiner größten Wünsche!

Der nächste große Wusch wäre, dass es uns gelingt mehr junge Kolleginnen und  für den Beruf des Hausarztes zu begeistern.  Hierzu möchte ich noch anmerken, dass es sinnvoll wäre den Numerus clausus zu lockern. Das Erreichen einer Abiturnote von 1,0 – 1,2 garantiert nicht, dass aus dem guten Studenten auch ein guter Arzt wird.

Abschließend ein kleiner Hinweis auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie  –  Work-Life-Balance in einer Hausarztpraxis : Dies ist als MFA bzw. als Hausarzt/ärztin sehr wohl möglich und  gelingt umso besser, wenn man in einem  Team von MFA´s  und Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeitet, das sich gegenseitig unterstützt und respektvoll achtet.

Ihnen ist es mit der entsprechenden Außendarstellung und kreativen Ideen auch gelungen, vakante Stellen in Ihrer Praxis zu besetzen oder Auszubildende zu finden? Auch Sie setzen in Ihrer Praxis auf familienfreundliche und flexible Arbeitsbedingungen und haben Tipps, wie die Arbeit in der Praxis vereinfacht werden kann?

Möglicherweise möchten Sie Ihre Ideen und kreative Tipps in Sachen Mitarbeitersuche an Ihre Kolleginnen und Kollegen weitergeben und ein kurzes Interview hierzu geben? Dann schicken Sie uns auch zu diesem Thema einfach eine E-Mail an: info@kvsaarland.de.