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Praxisinterview Dres. Schneider, Mehnert, Klos – Bexbach: Beruf & Familie – und das als Hausarzt? Klar geht das

Arbeiten in einer Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft genannt) heißt, dass Ärztinnen und Ärzte derselben oder verschiedener Fachrichtungen zusammenarbeiten und wirtschaften. Dr. Anne Schneider (Fachärztin für Allgemeinmedizin) und Dr. Sonja Mehnert (Fachärztin für Innere Medizin) leben dieses Modell seit 2020 in einer hausärztlichen Gemeinschaftspraxis in Bexbach, nachdem sie beide vorher bereits in Gemeinschaftspraxen tätig waren.

Seit Oktober 2021 ist Christine Klos als angestellte Ärztin dabei. Vorher hat sie dort bereits ihre Weiterbildung zur Fachärztin für Allgemeinmedizin abgeschlossen. Über diesen Weg – denn Christine Klos ist bereits Fachärztin für Chirurgie – hat sie den Quereinstieg in die Hausarztpraxis gewagt. Alle drei finden dieses Modell optimal – nicht nur wegen der zahlreichen Behandlungsmöglichkeiten, sondern auch, was das Thema Familie & Beruf betrifft.

Dres. Schneider, Klos, Mehnert - hausärztliche Gemeinschaftspraxis in Bexbach (Foto: KVS)
Dres. Schneider, Klos, Mehnert – hausärztliche Gemeinschaftspraxis in Bexbach (Foto: KVS)

Frau Klos, wie kommt man als Chirurgin auf die Idee, in eine Hausarztpraxis zu wechseln?

Christine Klos: Mir war klar, dass es beruflich als Chirurgin im Krankenhaus nicht weiterging – mit Kindern war das für mich vom Zeitmanagement her nicht mehr möglich. Man kann nicht sagen „die Operation an der Gallenblase muss kurz warten, ich muss meine Kinder vom Kindergarten abholen“. Eine Tätigkeit als niedergelassene Chirurgin konnte ich mir aber nicht vorstellen, also fing ich an, nach Alternativen zu suchen.

Dr. Anne Schneider: Wir kannten uns privat und ich habe im Freundeskreis ständig erzählt, wie schön es ist, Hausärztin zu sein (lacht).

Christine Klos: Wenn mir im Studium jemand erzählt hätte, dass ich mal Hausärztin werde, hätte ich ihn ausgelacht. Aber da dachte ich dann, vielleicht ist es ja doch ganz attraktiv.

Wie ging es dann weiter?

Dr. Anne Schneider: Ich war ja vorher bereits in einer Gemeinschaftspraxis. Dort war aber – schon von den Räumlichkeiten her – leider keine Kapazität für eine dritte Ärztin. Ich habe Christine empfohlen, Sonja (Mehnert) zu kontaktieren.

Christine Klos: In der Praxis konnte ich dann relativ schnell und unkompliziert anfangen, denn die Kollegin, die dort anfangen wollte, hatte kurzfristig abgesagt. Frau Mehnert und ich kannten uns auch bereits aus der Klinik. So wie das im Saarland halt ist (lacht).

Hat es direkt am Anfang „gefunkt“?

Christine Klos:  Ja, das war direkt am Anfang. Ich habe es noch keine Sekunde bereut. Ich hätte nie gedacht, dass Allgemeinmedizin so spannend ist.

Sie bilden auch regelmäßig Famulanten aus? Also ist Ihnen die Förderung des ärztlichen Nachwuchses wichtig?

Dr. Anne Schneider: Ja, das ist uns ein wichtiges Anliegen. Wir haben regelmäßig Famulanten und seit neuestem auch Blockpraktikanten.

Da können wir jungen Studentinnen und Studenten zeigen, wie spannend dieser Beruf sein kann. Viele machen diese Famulatur, weil sie es müssen. Und gehen dann hier raus und können sich Allgemeinmedizin plötzlich doch vorstellen. Vier Wochen reichen, um ihr Interesse zu wecken.  Darin sehen wir unter anderem auch unseren Auftrag in der Famulatur.  Neben den fachlichen Inhalten zu zeigen, dass es modern und „hipp“ sein kann, hausärztlich tätig zu sein. Dass wir mehr machen als die berühmten Krankheitsbilder „Husten, Schnupfen, Heiserkeit“.

Mir liegt das Thema sehr am Herzen. Deshalb lassen wir den Studentinnen und Studenten auch viel Spielraum zum Ausprobieren, lassen sie zum Beispiel Voruntersuchungen machen, Ultraschall durchführen, Verbände machen und vieles mehr. Wir nehmen auch die Patientinnen und Patienten mit ins Boot. Fast alle machen bereitwillig mit.

Es wäre aber wichtig, dass das Image des Hausarztberufes insgesamt noch besser wird. Das müsste auch noch mehr in der Klinik vermittelt werden. Dass wir Hausärzte Partner sind.

Dr. Sonja Mehnert: Manchmal spielen hier auch noch die alten „Vorurteile“ eine Rolle. Als ich mein Medizinstudium angefangen habe, war die Angst vor Regressen noch allgegenwärtig, dass man beim Verordnen sehr aufpassen müsse, etc. Ich glaube, dieses Bild wandelt sich erst allmählich.

Liegt es vielleicht auch daran, dass Beruf und Familie auf den ersten Blick mit einer Praxistätigkeit nicht vereinbar erscheinen?

Dr. Anne Schneider: Ja, das ist sicher auch ein Thema. Wir haben einen Versorgungsauftrag, müssen bestimmte Öffnungszeiten einhalten, versorgen nicht nur Akutpatienten, sondern auch chronisch Kranke und so weiter.

Aber man kann es sich aufteilen. Wir handhaben es zum Beispiel so, dass wir alle drei vormittags zusammenarbeiten und uns die Versorgung der umliegenden Heime aufgeteilt haben. Was für diese dann auch den Vorteil hat, feste Ansprechpartnerinnen zu haben. Damit fallen für uns schon viele Hausbesuche weg. Die Nachmittage haben wir aufgeteilt. Jede von uns ist zwei Nachmittage in der Praxis. So schaffen wir es alle drei mit vollem Versorgungsauftrag, trotzdem freie Zeit zu haben und für die Familie da zu sein. Natürlich werden wir auch von unseren Familien unterstützt und wir helfen uns gegenseitig aus. Wir sind flexibel.

Dr. Sonja Mehnert: Und wir haben die Wochenenden frei, da die Anzahl der Dienste überschaubar ist durch das Modell der Bereitschaftsdienstpraxen.

Und die Bürokratie?

Dr. Anne Schneider: Ja die ist viel, das muss man schon sagen. Aber, wenn man strukturiert und ein bisschen diszipliniert arbeitet, gelingt es gut. Man muss nicht seine Wochenenden in der Praxis verbringen.

Frau Mehnert und ich haben es z.B. aufgeteilt. Jeder hat seine verschiedenen Bereiche, Frau Mehnert macht z.B. das Thema Abrechnung, Ziffern kontrollieren, Prüfläufe. Ich kümmere mich mehr um die Themen Buchhaltung und Personalwesen. So haben wir verschiedene Kompetenzbereiche geschaffen, so dass wir auch die Last der Bürokratie einfach ein bisschen aufteilen.

Dafür muss Frau Klos dann mehr Hausbesuche machen (lacht).

Was ist aus Ihrer Sicht noch erforderlich, um die Niederlassung für Frauen noch attraktiver zu machen?

Dr. Sonja Mehnert: Ein Anreiz ist – unabhängig für Männer oder Frauen – man muss es trotzdem nochmal sagen, tatsächlich gerade im Hausarztbereich eine bessere Vergütung.

Dr. Anne Schneider: Ich finde, man muss es sich einfach trauen. Sich auch als Frau nochmal sagen, Familie und Beruf, das geht. Man kann auch am Anfang vielleicht in einer Anstellung schauen, ob man es sich zutrauen würde. Dafür sind die 2 Jahre Weiterbildungszeit gut geeignet. So habe ich es gemacht und in meiner Weiterbildungszeit relativ schnell gemerkt, dass es funktionieren kann mit der Niederlassung.

Man muss mutig sein und sich trauen, wäre das jetzt gleichzeitig Ihr Ratschlag an die jungen Kolleginnen und Kollegen, es so anzugehen?

Dr. Sonja Mehnert: Ja. Und auch zu sagen, dass es für uns wirklich der schönste Beruf der Welt ist. Er ist erfüllend, er ist vielfältig, er ist spannend und es ist definitiv wunderschön, die Menschen auf ihrem Lebensweg zu begleiten.

Dr. Anne Schneider. Wir haben schon hin und wieder auch schwierige Gespräche und müssen die Patienten mit ihren Problemen „abholen“, aber die Patienten sind dankbar. Diese Dankbarkeit erfährt man so nie im Krankenhaus.

Meist sind es Kleinigkeiten, man muss nicht viel gemacht haben. Manchmal hört man aber auch Danke, dass Sie mein Leben gerettet haben, Danke dass Sie für meinen Mann da waren, Danke dass Sie uns in den schwersten Stunden unseres Lebens begleitet haben. Das berührt uns sehr.

Das ist eine großartige Wertschätzung für uns und unseren Beruf.

Dr. Sonja Mehnert: Diese Wertschätzung erfährt man als Hausarzt mit Sicherheit noch mehr als ein Facharzt. Wir werden z.B. auch aus dem Krankenhaus angerufen, weil der Patient gesagt hat, „ich muss das zuerst mit meiner Hausärztin“ besprechen. Das zeigt auch, welches Vertrauen uns entgegengebracht wird.

Dr. Anne Schneider: Wir merken das auch an der Atmosphäre bei uns in der Praxis. Das ist uns auch während der Impfkampagne gegen Corona nochmal klargeworden. Viele Patienten wollten warten, bis wir sie hier impfen konnten. Wir genießen ein großes Vertrauen und eine große Wertschätzung unserer Patienten.

Christine Klos: Oft steht das Zwischenmenschliche für uns im Vordergrund.

Wie kann man denn einem jungen Medizinstudenten schon am Anfang des Studiums vermitteln, wenn er noch gar keinen Praxiskontakt hatte. Kommt diese Botschaft überhaupt an?

Dr. Anne Schneider: Seit meiner Studienzeit hat sich viel verändert. Bei mir war es so, dass die Hausarztmedizin schon immer irgendwie präsent war. Meine Oma war Krankenschwester im Krieg. Seit ich ihren Medizinschrank mit Pflastern und Verbänden gesehen hatte, wollte ich Medizin studieren. Aber ich habe mich auf meinem beruflichen Werdegang zuerst nicht getraut, „zur Allgemeinmedizin zu stehen“. Ich habe eine Weile gebraucht, um zu verstehen, dass genau diese meine Kompetenz ist. Der Lehrstuhl für Allgemeinmedizin ist hier sicher auch eine Hilfe. Es ist schade, dass es diesen bei uns noch nicht gab.

Dr. Sonja Mehnert: Die Generation, die jetzt kommt, lebt ein anderes Modell. Da ist die Life-Work-Balance wichtig geworden. Die jüngere Generation möchte eine Arbeit, die man liebt, aber auch noch Privatleben haben. Das ist in der Hausarztmedizin heutzutage auch möglich, das kann man den Medizinstudierenden schon vermitteln.

Dr. Anne Schneider: Der Gedanke der ständigen Erreichbarkeit hat sich geändert. Auch durch das Dienstmodell. Wir haben im Durchschnitt etwa 4 Dienste im Jahr.

Christine Klos: Von daher ist die Pflichtfamulatur schon eine Hilfe, den Studenten die Allgemeinmedizin näher zu bringen.