Praxisinterview Dr. Bellmann: Weiterbildung in der Hausarztpraxis – ein Gewinn für beide Seiten

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Dr. Sabine Bellmann ist Hausärztin in Riegelsberg, seit 2006 niedergelassen und seit 2017 in Gemeinschaftspraxis mit ihrer Kollegin Frau Godel, die auch gleichzeitig Diabetologin ist. Die Praxis engagiert sich sowohl für ärztliche Weiterbildung, als auch die Aus- und Weiterbildung von Medizinischen Fachangestellten.

Aktuell macht Manuel Engel, Facharzt für Innere Medizin/ Kardiologie, für ein Jahr seine Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin in der Praxis.

Gemeinsam haben beide uns im Interview erklärt, warum die Weiterbildung für alle Beteiligten ein Gewinn ist.

v.l. Manuel Engel, Dr. Sabine Bellmann (Foto: KVS)

Dr. Sabine Bellmann: Seit Beginn meiner Tätigkeit als Ärztin ist mir die Aus- und Weiterbildung von jungen Menschen in der Medizin sehr wichtig, d.h. von Kolleginnen von Kollegen, Studenten und  MFA sowie Krankenpflegekräften.  Ich weiß aus der eigenen Erfahrung und natürlich auch aus der Presse, dass es immer schwieriger wird, junge Ärztinnen und Ärzte für die ambulante medizinische Versorgung zu gewinnen. Deswegen ist mir das Thema so wichtig. Es macht mir große Freude den jungen Leuten etwas beizubringen und wichtige Grundlagen sowie Tipps und Tricks  mit auf den Weg zu geben. Vor allem ist es wichtig mit Liebe bei dem Beruf zu sein, denn nur dann kann die Tätigkeit gelingen.

Herr Engel wird uns im Februar 2025 verlassen und seine eigene Praxis gestalten. Wir werden dann auf jeden Fall nochmal einen Weiterbildungsassistenten einstellen, weil es eben sehr wichtig ist für die Zukunft unseres Berufes, junge Kollegen für die Tätigkeit als Hausarzt zu begeistern.

Manuel Engel: Ich bin jetzt Weiterbildungsassistent hier für ein Jahr. Ich bin von der Grundausbildung her Internist und Kardiologe und möchte in die Allgemeinmedizin wechseln. Dafür ist die Praxisweiterbildung notwendig und eines von den möglichen Jahren werde ich auf jeden Fall jetzt hier verbringen. Darüber bin ich total begeistert und freue mich, dass ich das hier machen darf.

Von der Allgemeinmedizin war ich schnell überzeugt. Ich habe ursprünglich in Gießen, in Hessen, Medizin studiert, da die Vergabe der Studienplätze ja über eine zentrale Vergabe verläuft.

Ich habe mein Studium in der Regelstudienzeit absolviert, ein Semester verlängert für eine experimentelle Doktorarbeit und habe dann angefangen an der Uniklinik in Marburg zu arbeiten. Ich war dort nur kurz und bin wie die meisten Saarländer ins Saarland zurückgekommen.

Bis jetzt war ich jetzt mehrere Jahre für die Facharztausbildung an der SHG-Klinik in Völklingen und habe dort meinen Facharzt für Kardiologie gemacht. Ich habe aber dort bereits während der Ausbildung gemerkt, dass das langfristig nicht der Bereich im Krankenhaus ist, in dem ich arbeiten möchte. Also habe ich mich umorientiert und bin als Weiterbildungsassistent für die Allgemeinmedizin in die Praxis Bellmann/Godel gewechselt.

Wie haben Sie den Weiterbildungsplatz gefunden?

Manuel Engel: Ich habe mich natürlich vorher schon informiert, welche Weiterbildungspraxen es gibt und was von der Organisationsstruktur her für mich erreichbar ist. Von den Fahrstrecken her ist man zum Glück im Saarland gut bedient. Und dann kennt man ja auch von der Arbeit im Krankenhaus her einige die Hausärzte indirekt, wenn Patienten geschickt werden. Man erfährt dadurch, wie die Patienten versorgt sind und da ist mir die Praxis Bellmann/Godel schon länger aufgefallen. Nachdem ich dann im Saarländischen Ärzteblatt die Annonce gesehen habe, habe ich einfach mal hier angerufen und gefragt. Ich wurde sofort freundlich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.

Wie sieht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in ambulanten Praxis aus?

Manuel Engel: Im Vergleich zu einer Vollzeitstelle im Krankenhaus ist die Praxistätigkeit deutlich besser mit dem Familienleben zu vereinbaren. Man kann die Arbeitszeiten viel flexibler absprechen. Lange Nachtdienste und Wochenenddienste fallen weitgehend weg bzw. man kann sie flexibler legen. Dadurch gewinnt man viel Zeit für die Familie.

In wie fern hat Ihre Weiterbildung Ihre Vorstellung beeinflusst?

Manuel Engel: Wenn man im Krankenhaus arbeitet, hat man ja eine Vorstellung, wie das in der Praxis läuft und was die Arbeit der niedergelassenen Kollegen aussieht. Wenn man dann tatsächlich in der Praxis arbeitet, stellt man fest, dass viele Dinge so sind, wie man sie erwartet, aber auch viele Dinge vollkommen anders. Ich war sehr positiv überrascht, weil im Krankenhaus die Meinung vorherrscht, dass man viele Möglichkeiten verliert, wenn man in eine Praxis geht. Was das angeht, konnte ich mich vom absoluten Gegenteil überzeugen. Man hat genau so viele Möglichkeiten, wenn nicht sogar noch mehr, seine Patienten zu versorgen.

Dr. Sabine Bellmann: Ich möchte noch ergänzen, dass es unkompliziert ist, wenn man weiterbilden möchte: Man benötigt eine Weiterbildungserlaubnis von der Ärztekammer und kann damit eine entsprechende Genehmigung bei der KV beantragen.  Das sind zwar ein paar Verwaltungsschritte, die aber problemlos zu bewältigen sind.

Was ich mir aber wünsche, ist weniger Bürokratie. Und nach meiner Meinung sollte der Hausarzt der erste Ansprechpartner für den Patienten bleiben – so wie es momentan auch ist – und nicht, dass der Hausarztsektor an Kliniken verlagert wird und der Patient dann anonym mit ihm unbekannten Ärzten zu tun hat. Das ist denke ich für die Versorgung nicht fruchtbar, weil insbesondere das Vertrauen zwischen Arzt und Patient,  ein wichtiger Grundpfeiler der hausärztlichen Versorgung ist.

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