Risikoanalyse anhand eines Fallbeispiels aus der Endoskopie

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Risikoanalyse auf Anwenderseite

Bei der Aufbereitung von Medizinprodukten fordert die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
(KRINKO) eine Risikobewertung.

Möglichkeiten in der Endoskopie, um das Risiko und die Auftretungswahrscheinlichkeit eines Fehlers zu analysieren anhand einer Failure Mode and Effects Analysis – FMEA

Die FMEA ist eine Analyse, die dazu dient, mögliche Fehlerquellen in Prozessen im Vorhinein zu finden. Sie soll deren Bedeutung erkennen, diese bewerten und geeignete Präventionsmaßnahmen zu deren Vermeidung ableiten.

Es gibt drei Faktoren:

  1. Auftrittswahrscheinlichkeit: Wie wahrscheinlich ist es, dass der Fehler resp. das Risiko auftritt.
  2. Fehlerbedeutung: Welche Wirkung entsteht durch das Auftreten des Fehlers resp. das Eintreten des Risikos.
  3. Entdeckungswahrscheinlichkeit: Wie wahrscheinlich ist es, dass der Fehler resp. das Risiko entdeckt wird.

Die Skalierung dieser Bewertung ist für alle drei Faktoren 1 bis 10, so dass das Produkt/der Prozess, die Risiko-Prioritäts-Zahl (RPZ), einen Wertumfang von 1 bis 1000 einnehmen kann. Die Berechnung erfolgt durch Multiplikation aller drei Kennzahlen. Das Ergebnis ist dann die Risiko-Prioritäts-Zahl (RPZ). Je höher der RPZ desto höher das Risiko.

Fallbeispiel: Endoskopie

Bei der Begehung einer Endoskopie-Einheit einer Praxis wird beobachtet, dass die Endoskope für den Bereich Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde auf einer Zellstoffunterlage auf der Arbeitsfläche ungeordnet gelagert werden. Es ist vermutlich der reine Bereich im Aufbereitungsraum. Es ist nicht ersichtlich, ob diese Endoskope aufbereitet oder kontaminiert sind. Es sollen die Risiken, die diese Lagerung beinhaltet nach der FMEA bewertet werden. Um eine Risikobewertung durchzuführen, muss der Prozessablauf nachvollzogen werden.

Nach der Untersuchung werden die Endoskope in die Aufbereitungseinheit gebracht. Dort stehen ein Handwaschbecken und eine Reinigungswanne zur Verfügung. Die persönliche Schutzausrüstung zur
Aufbereitung steht in ausreichendem Maß zur Verfügung. Eine Standardarbeitsanweisung zur Aufbereitung und sach- und fachgerechten Lagerung liegt vor.
Zur Vorreinigung wird ein enzymatischer Reiniger verwendet. Das Desinfektionsmittel und der Reiniger sind aufeinander abgestimmt. Die vorgefundenen Endoskope sind aufbereitet und werden
bis zur nächsten Anwendung auf der sauberen Arbeitsfläche offen und ungeordnet abgelegt. Die Zellstoffunterlage dient dem Auffangen von Tropfwasser.

Bei der Analyse wird in diesem Beispiel nur die falsche Lagerung betrachtet.

Mögliche Fehlerquellen bei der Lagerung der Endoskope

  • Die Endoskope werden nicht kontaminationsarm gelagert
  • Durch die ungeordnet-liegende Lagerung kann es zu Schäden an den Endoskopen kommen
  • Prozessbeschreibungen und Verfahrensanweisungen werden nicht in Gänze eingehalten
  • Die KRINKO-BfArM-Empfehlung “Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten” wird nicht in Gänze eingehalten

Fehlerbedeutung

Die Fehlerbedeutung „Schäden an den Endoskopen durch unsachgemäße Lagerung“ kann als mäßig eingestuft werden. Vor dem Einsatz des Endoskops wird eine Funktionsprüfung durchgeführt. Daher
würde ein Schaden an dem Endoskop vor dem Einsatz erkannt werden und es käme nicht mehr zur Anwendung. Bedingt durch die Funktionsprüfung vor Einsatz kann die Fehlerbedeutung mit einer geringen Bedeutung für Patienten, Mitarbeiter und Dritte eingeschätzt werden. RPZ:4

Auftretenswahrscheinlichkeit

Die Auftretungswahrscheinlichkeit des „Schadens an Endoskopen durch unsachgemäße Lagerung“ muss für jede Praxis in welcher Endoskopien durchgeführt werden – fachgebietsbezogen je nach Spezifik des Endoskops und Einsatz – einzeln festgelegt werden. Sie ist durch das Endoskopie-Fachpersonal festzulegen. RPZ:7

Die Auftretenswahrscheinlichkeit ist von vielen Faktoren abhängig. Im vorliegenden Beispiel ist es eine mäßige Wahrscheinlichkeit, da die Untersuchungen in einer Praxis durchgeführt werden. Die Auftretenswahrscheinlichkeit wird als mäßig eingeschätzt, dass es in dem Fallbeispiel Standardarbeitsanweisungen zur Lagerung gibt und es sich hier um eine Ausnahme
handelt.

Entdeckungswahrscheinlichkeit

Die Entdeckungswahrscheinlichkeit ist hoch. Da die unsachgemäße Lagerung bereits bei Betreten des Raumes auffällt. Hier besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit diesen Fehler zu entdecken. RPZ:2

Risikoprioritätszahl-RPZ

Aus den festgelegten Kennzahlen zwischen 1-10 wird nun die RPZ errechnet.

7 x 4 x 2 = 56
4 x 7 x 2 = 56
2 x 4 x 7 = 56

Das errechnete Risiko bleibt in allen Kategorien unter 100. Daher sind die einzelnen Kategorien risikoadaptiert zu bewerten. Durch das Fachpersonal sollte hier eine Veränderung der Lagerung angeregt werden um Herstellerangaben, Empfehlungen und gesetzliche Grundlagen einzuhalten.

Die Entdeckungswahrscheinlichkeit kann im Regelfall in diesem Beispiel nicht geändert werden, da es offensichtlich bei Betreten des Raumes zu sehen ist.

Die Auftretungswahrscheinlichkeit und die Fehlerbedeutung sind durch Schulungen und Sensibilisierung der Mitarbeitern zu senken.

Die Risikobewertung und die Maßnahmenfestsetzung erfolgt in Zusammenarbeit mit mit der Praxisleitung sowie dem Fachpersonal und Anwendern.

Fazit

Die strukturierte Risikoanalyse führt zu messbaren Kennzahlen. Mit diesen Kennzahlen und der damit verbundenen Analyse werden Fehler messbar und können differenziert werden.

Die FMEA kann im Sinne eines gelebten Qualitätsmanagements als Einstieg in die strukturierte
Fehleranalyse in Prozessen dienen.

Das hier gezeigte Beispiel ist nur ein Ausschnitt und zeigt bei weitem nicht die Komplexität des gesamten Prozesses. Es dient nur der Veranschaulichung einer strukturierten Risikominimierung.

Unser Referent für Hygiene Henning Adam berät Sie gerne zum Thema Risikoanalyse und steht Ihnen sowohl telefonisch als auch schriftlich auf Anfragen über das Kontaktformular zur Verfügung.
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