Indikationsgerechter und ressourceneffizienter Einsatz von medizinischen Einmalhandschuhen

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Die Wirksamkeit der hygienischen Händedesinfektion (HD) als wichtigste Maßnahme der Basishygiene beruht nicht nur auf dem Einsatz wirksamer Händedesinfektionsmittel (womit) und einer eingeübten Einreibetechnik (wie), sondern insbesondere auch auf der indikationsgerechten Durchführung,
d.h. dem Wissen und Erkennen, wann eine hygienische HD bzw. die Händehygiene (HH) durchgeführt werden soll, um Transmissionen effektiv zu verhindern.

Da in vielen Situationen bei der Pflege und Behandlung von Patientinnen und Patienten medizinische Einmalhandschuhe getragen werden, ist es wichtig, die Indikationen zum gezielten An- und Ablegen und Entsorgen zu kennen und zu beachten.

#Ressourceneffizienz

Die teilweise undifferenzierte Nutzung medizinischer Einmalhandschuhe, insbesondere die Tendenz zum „universellen Tragen“, d.h. ein generelles Tragen unabhängig davon, ob es dafür eine konkrete Indikation gibt, u.a. als Komponente der erweiterten Hygienemaßnahmen, sollte vermieden werden.

In der Praxis führt der unreflektierte Einsatz von medizinischen Einmalhandschuhen zu einer schlechteren Compliance mit der hygienischen Händedesinfektion

Wann sind medizinische Einmalhandschuhe einzusetzen und wann sind diese zu wechseln?

Aus der Perspektive des Infektionsschutzes wird der Einsatz medizinischer Einmalhandschuhe in den Empfehlungen der KRINKO dargelegt. So wird in der KRINKO-Empfehlung „Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens“ als Indikation für den Einsatz von medizinischen Einmalhandschuhen im Rahmen der Basishygiene Folgendes genannt:

„Schutz des Trägers vor Kontamination mit Blut, Sekreten und Exkreten einschließlich Krankheitserregern und indirekt zur Unterbrechung von Infektionsketten“.

Da auch während der Durchführung von Tätigkeiten, die diese Indikationen erfüllen, der Patientinnen- und Patientenschutz nicht vernachlässigt werden darf, sind die medizinischen Einmalhandschuhe in der Regel zu den Indikationen für die HH zu wechseln und eine hygienische HD durchzuführen. Spätestens nach Beendigung der Tätigkeit an einer Patientin bzw. einem Patienten sind die Handschuhe abzulegen
und danach erfolgt die hygienische HD.

Handschuhdesinfektion NUR in bestimmten Situationen und unter bestimmten Umständen!

In bestimmten Situationen und unter bestimmten Umständen können Handschuhe, die die Materialvoraussetzungen hierfür erfüllen, auch desinfiziert werden; mit längerer Tragedauer und stärkerer Beanspruchung steigt jedoch auch das Risiko, dass Mikroperforationen auftreten, die nicht immer bemerkt werden.

Gebrauch von Einmalhandschuhen im Setting erweiterter Hygienemaßnahmen

Weitere Informationen zu Einsatzgebieten für medizinische Einmalhandschuhe z.B. im Rahmen der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit bestimmten Infektionserregern, ergeben sich aus der KRINKO-Empfehlung „Infektionsprävention im Rahmen der Pflege und Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten“.

Neben vielen anderen Beweggründen für den Einsatz von Einmalhandschuhen ist einer der wichtigsten Gründe für die Mitarbeitern – insbesondere im Umgang mit Patientinnen und Patienten mit multiresistenten Erregern – das Gefühl eines besseren Eigenschutzes. Dieser ist allerdings nicht zwangsläufig gegeben, da Handschuhe unbemerkte Perforationen aufweisen können und es beim Ausziehen der Handschuhe oft zur Kontamination der Hände kommt.

Das universelle Tragen von Einmalhandschuhen führt nicht zu einem Mehrwert hinsichtlich des Schutzes von Personal, Patientinnen und Patienten.
Insbesondere die Vernachlässigung der Indikationen zur HH kann sogar zu einem nachteiligen Effekt für Patientinnen und Patienten, aber auch für das Personal selbst führen.

#Arbeitsschutz

Auch der Arbeitsschutz widmet sich dem Einsatz von Einmalhandschuhen als Komponente der PSA.
In den Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ werden ebenfalls als Beispielindikationen aufgeführt:

Wenn bei einer Tätigkeit mit einem Kontakt der Hände zu potenziell infektiösem Material gerechnet werden muss, sind Schutzhandschuhe zu tragen. Tätigkeiten mit möglichem Handkontakt zu
Körperflüssigkeiten oder zu Körperausscheidungen können z. B. sein:
▶ Verbandswechsel,
▶ Blutabnahmen,
▶ Anlegen von Blasenkathetern.

Der Kontakt zur intakten Haut im Rahmen der Basishygiene wird weder von der KRINKO noch in der TRBA 250 als Indikation für das Anlegen von medizinischen Einmalhandschuhen genannt.

Gebrauch von Einmalhandschuhen im Setting Impfungen

Bei Impfungen ist aus Sicht der KRINKO der Einsatz von medizinischen Einmalhandschuhen nicht indiziert, da hier kein Kontakt zu kontaminierten Flüssigkeiten oder Ausscheidungen besteht. Hier stellt die hygienische HD die effektivste und effizienteste Maßnahme zur Gewährleistung der Sicherheit von Patientinnen, Patienten und Personal dar. Hierzu wurde auch während der COVID-19-Pandemie ein Kommentar zur KRINKO-Empfehlung „Anforderungen an die Hygiene bei Punktionen und Injektionen“ publiziert, der dies erläutert.

Da während der Pandemie in medialen Bildern Beschäftigte im Gesundheitswesen, die medizinische
Einmalhandschuhe tragen, stark repräsentiert waren, ist es plausibel, dass der Einsatz von Handschuhen fälschlicherweise als Indikator für die Sicherheit von Patientinnen und Patienten wahrgenommen wird. Diese Darstellung kann zur Folge haben, dass sich seitens der Patientinnen und Patienten die Erwartung aufbaut, dass Handschuhe grundsätzlich notwendig für den Infektionsschutz und damit für ihre Sicherheit sind. Dem kann u. a. durch Aufklärung und korrekte Bilder und Darstellungen entgegengewirkt werden.

Medizinische Einmalhandschuhe bewusst und indikationsgerecht tragen

Die Entscheidung für das Tragen von medizinischen Einmalhandschuhen durch Personal, muss bewusst und indikationsgerecht getroffen werden. Dazu müssen die Anwendenden über die Erfordernisse
und Limitationen gut informiert sein.

Der Aspekt der Ressourceneffizienz sollte hier ebenfalls stärker ins Bewusstsein gebracht und in den entsprechenden Schulungen thematisiert werden. Ziel ist es, sowohl den Beschäftigten als auch den Patientinnen und Patienten zu vermitteln, dass die hygienische HD und insbesondere deren Indikationsgerechte Durchführung ein Grundpfeiler des Schutzes von Personal, Patientinnen und Patienten darstellt und dass dies durch das Tragen von medizinischen Einmalhandschuhen nicht ersetzt werden kann.

Sie haben Fragen – Wir haben Antworten

Unser Referent für Hygiene Henning Adam berät Sie gerne mit seinem Fachwissen zu indikationsgerechtem Einsatz medizinischer Einmalhandschuhe sowohl telefonisch als auch schriftlich auf Anfragen über das Kontaktformular
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